So funktioniert die Immobilienverrentung
Die Kinder sind ausgezogen, das Eigenheim ist zu groß geworden und die Rente könnte auch üppiger sein. Dann liegt der Gedanke nahe, mit der Immobilie ein Mehr an Liquidität zu gewinnen. Und das am besten, ohne auszuziehen. Immobilienverrentung verspricht beides: Geld sowie die Möglichkeit, wohnen bleiben zu können. Die Immobilienverrentung wird von Investoren, Geldinstituten, Versicherungen sowie Stiftungen angeboten. Zur Auswahl stehen diverse Modelle - von Komplett- und Teilverkauf über Wohnrecht oder Nießbrauch bis hin zum Kredit. Gemeinsam ist ihnen, dass sie sich häufig an Eigentümer schuldenfreier Immobilien wenden.
Oft sollen die Hausbesitzer außerdem ein Mindestalter von 65 bis 70 Jahren erreicht haben, wie Thomas Mai, Finanzberater der Verbraucherzentrale Bremen, sagt. Er erläutert die Bedeutung des Alters: „Je jünger, desto niedriger fallen wegen der längeren Lebenserwartung die Zahlungen aus“.
Diverse Faktoren beeinflussen den Preis
Daneben fließen Lage, Ausstattung und energetischer Zustand sowie vereinbarte Wohn- und Nutzungsrechte in die Kalkulation der Immorente ein. Das Recht auf Wohnenbleiben mindert den Marktwert der Immobilie entsprechend, so Rechtsanwältin Janine Hardi. Sie ist zugleich Gründerin eines auf Verrentung spezialisierten Beratungsunternehmens.
Die Bandbreite der Immorente ist groß. Nach groben Schätzungen können insgesamt Beträge zwischen 20 und 60 Prozent des Marktwerts des Eigenheims herauskommen. Heruntergebrochen auf den Monat stehen in vielen Fällen ein paar hundert Euro im Raum.
Ein Überblick über die verschiedenen Verrentungsmodelle
- Leibrente: Voraussetzung ist der Verkauf des Eigenheims an einen Investor oder einen privaten Interessenten, etwa aus der Familie. Verkäufer erhalten Wohnrecht und monatlich eine festgelegte Summe. Manchmal gibt es zusätzlich eine Einmalzahlung. Lebenslange Leibrenten dürfen nur zwischen Privatleuten vereinbart werden. Professionelle Anbieter sind auf zeitlich befristete Zahlungen, beispielsweise zehn Jahre, beschränkt, weil ihnen sonst Probleme mit der Finanzaufsicht Bafin drohen. Der Vorteil der Leibrente liegt im Wohnrecht. Es wird zugunsten des Verkäufers ins Grundbuch eingetragen, um den Verbleib in den eigenen vier Wänden abzusichern. Mit der Monatsrate lassen sich kleinere Engpässe schließen oder Wünsche erfüllen. Dass die Ex-Eigentümer die Immobilie zwar weiterhin bewohnen, aber nicht vermieten dürfen, gehört ebenso zu den Nachteilen wie ein hohes Mindestalter, das professionelle Anbieter beim Leibrentenvertrag voraussetzen. Manche bieten ihn erst für Menschen ab 80 Jahren an. Die Einmalzahlungen bewegen sich manchmal nur um die 20 Prozent des Marktwerts der Immobilie.
- Nießbrauch: Hier trennen sich Rentnerinnen und Rentner gegen eine Einmalzahlung von den eigenen vier Wänden, können aber nicht nur wohnen bleiben, sondern sogar vermieten und diese Einnahme behalten. Diese wirtschaftliche Nutzung ist ein Vorteil des Nießbrauchs. So können Ex-Eigentümer zum Beispiel ins Pflegeheim oder in den sonnigen Süden ziehen, in der Zeit das Familienheim vermieten und diese Einnahme über den bereits kassierten Verkaufspreis hinaus generieren, wie Hardi erläutert. Zu bedenken ist: Nießbrauch ist umfassender als Wohnrecht. Das mindert den Auszahlungsbetrag. Und trotzdem bleibt die Instandhaltung meist am Verkäufer hängen. „Wer sich selbst kümmern kann und will, nutzt den Nießbrauch. Wer das nicht mehr schafft, wählt das Wohnrecht“, sagt Hardi.
- Verkaufen und zurückmieten: Hier werden Senioren vom Eigentümer zum Mieter, indem sie Haus oder Wohnung zunächst komplett an einen Interessenten verkaufen und dann zurückmieten. „Der Mietvertrag wird zusammen mit dem Kaufvertrag geschlossen“, beschreibt Hardi das Prozedere. Miethöhe und Mietdauer beeinflussen den Verkaufserlös. Preisabschläge sind zwar üblich. Aber man muss nicht ausziehen und hat trotzdem mehr Kapital auf dem Konto. Beim Rückmietvertrag sollte darauf geachtet werden, dass die neuen Eigentümer und ihre eventuellen Nachfolger auf ordentliche Kündigungen verzichten, um Senioren das Wohnen in vertrauter Umgebung zu gewährleisten, rät die Zeitschrift „Finanztest“. Außerdem sollte eine stabile Miete vereinbart werden, damit Erhöhungen den gewonnenen finanziellen Spielraum nicht wieder einengen. Bleibt die Miete offen, droht bei steigenden Kosten der Auszug.
- Teilverkauf: Er ist eine Mischung aus dem Verkauf der Immobilie und dem Erhalt des Eigentums. Senioren behalten einen Teil ihres Objekts. Den anderen Teil überlassen sie einem Investor. Es gibt sofort Geld. Wie viel Kapital Besitzer „verflüssigen“, richtet sich in der Regel nach ihrem Finanzwunsch. Das gesamte Haus können sie weiterhin bewohnen und wirtschaftlich nutzen. Im Gegenzug ist ein monatliches Nutzungsentgelt fällig - zu zahlen an den Investor. „Finanztest“ moniert, dass diese Gebühr variabel gestaltet sein und folglich stetig steigen kann. Am Ende würde die Kasse dann mehr be- als entlastet. Kann sich jemand die Gebühr nicht mehr leisten, muss er raus aus dem Haus.
- Kredite: Banken und Versicherungen bieten tilgungsfreie Darlehen auf unbelastete Immobilien an. Für diese Option zahlt man monatlich Zinsen. Abgelöst wird der Kredit durch Verkauf bei Auszug oder Tod des Eigentümers. Ein Haken an dieser Art der Immoverrentung ist, dass es sie auch mit variablem Zinssatz geben kann. „Steigen die Zinsen, kann die monatliche Belastung wachsen“, sagt Thomas Mai. Der Vorteil: Das Geld ist nicht zweckgebunden. Senioren können es ausgeben, wofür sie wollen. Es gibt schätzungsweise 50 Prozent des Immobilienwerts.
Einzelfall entscheidet über Sinnhaftigkeit
Welches Modell letztlich passt, hängt stark vom Einzelfall ab. Der aber macht einen Vergleich der Konditionen nach Ansicht von Mai äußerst schwierig. Er und Hardi empfehlen, erstens immer zu analysieren, welchen Geldbedarf die Verrentung decken soll. Zweitens neutralen Rat einzuholen, bevor Senioren mit einem Anbieter ins Geschäft kommen. Und drittens, sich ausreichend Zeit zur Prüfung der Unterlagen zu nehmen.
Die getroffenen Regelungen werden in einem Notarvertrag festgehalten. Weil dieser nicht zu revidieren ist, müssten Vor- und Nachteile umso sorgfältiger abgewogen werden.
Monika Hillemacher/ dpa